|
Die Sache mit den gestrichenen Gefahrzeichen |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
ehem.
Z 113
Schnee-
oder Eisglätte |
|
ehem.
Z 115
Steinschlag |
|
ehem.
Z 116
Splitt, Schotter |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
ehem.
Z 128
Bewegliche
Brücke |
|
ehem.
Z 129
Ufer |
|
ehem.
Z 134
Fußgängerüberweg |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
ehem.
Z 140
Viehtrieb, Tiere |
|
ehem.
Z 144
Flugbetrieb |
|
ehem.
Z 150
beschrankter
Bahnübergang |
|
|
|
|
|
|
|
Diese Gefahrzeichen und einige
andere Verkehrszeichen sollten bereits nach dem Willen des
damaligen Verkehrsministers Tiefensee "restlos" gestrichen
werden. Die Kritik der Behörden sorgte jedoch dafür, dass
zumindest die Sinnbilder weiterhin in der StVO enthalten
blieben, damit diese im Zuge einer Art "Baukastenregelung"
weiterhin als Gefahrzeichen (Sinnbild im roten Dreieck)
anordnungsfähig blieben. Ausgenommen davon war lediglich das
Zeichen 150 (beschrankter Bahnübergang / Sinnbild „Gartenzaun“)
- dieses wurde tatsächlich ersatzlos gestrichen, bleibt in
Bestand aber bis 31. Oktober 2022 gültig. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Kapitel 1: Nummer weg - Zeichen bleibt
Unterm Strich sollte also z.B. bei der Gefahr von Steinschlag
nicht mehr das Zeichen 115 angeordnet werden, sondern ein
Gefahrzeichen mit dem Sinnbild "Steinschlag", welches naturgemäß
dem ursprünglichen Zeichen 115 zum Verwechseln ähnlich sieht. Im
Ergebnis blieben also alle gestrichenen Gefahrzeichen erhalten
(ausgenommen Z 150), sie hatten nur keine Nummer mehr. Mit Blick
auf das ursprüngliche Ziel, nämlich diese Schilder ganz
abzuschaffen, bleibt es bei einer überflüssigen Änderung auf dem
Papier - denn bestehende Zeichen konnten weiterhin angeordnet
bleiben und neue Zeichen konnten (bei besonderem Bedarf)
angeordnet werden. Es blieb - mit Ausnahme der entfallenen
VZ-Nummer - alles wie es war. Schon hier zeigt sich, wie absurd
dieses ganze Unterfangen war: |
|
|
|
|
|
|
"Baukastenprinzip" nach §39 Abs. 8 StVO: |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
ehem. Z 115
Steinschlag (gestrichen) |
|
Sinnbild "Steinschlag"
nach §39 Abs. 8 StVO |
|
"leeres Gefahrzeichen" |
|
Gefahrzeichen „Steinschlag"
(ohne VZ-Nummer) |
|
|
|
|
|
|
|
Prinzip der ursprünglichen Regelung aus dem Jahr 2009, die in
den StVO-Neuerlass 2013 übernommen wurde: Anstelle des
ehemaligen Zeichen 115 wird ein Gefahrzeichen angeordnet,
welches das Sinnbild „Steinschlag“ zeigt. Auf der Straße bleibt
das Ergebnis gleich. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Kapitel 2: neue Nummer für alte Zeichen
Da insbesondere die gesamte Planungs-,
Anordnungs- und Ausführungspraxis von den VZ-Nummern abhängig
ist (man bestellt eben eher ein Zeichen 115 als ein
"Gefahrzeichen mit dem Sinnbild Steinschlag"), wurden den
jetzigen "Sinnbildern in Gefahrzeichen" neue Nummern zugeordnet.
Es wäre natürlich sinnvoller gewesen, man hätte die alten
Nummern einfach wieder verwendet - aber das wäre ja keine
Neuerung und würde die bisherige Arbeit ad absurdum führen.
Folglich wurden die Gefahrzeichen nach dem StVO-Baukastenprinzip
nunmehr der Hauptnummer 145 (ehem. Gefahrzeichen "Kraftomnibus")
zugeordnet. Aus dem ehemaligen Zeichen 115 wurde also
zwischenzeitlich ein "Gefahrzeichen mit dem Sinnbild
Steinschlag", um später mit dem Entwurf zum VzKat 2013 die
Nummer 145-16 (Steinschlag, Aufstellung rechts) zu erhalten. |
|
|
|
|
|
|
„Wiedereinführung“ im VzKat-Entwurf 2013 mit neuer Nummer: |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
bis 2009 (2013) |
|
ab 2009 (2013) |
|
Zwischenstand ab
2013 |
|
|
ehem. Z 115
Steinschlag (gestrichen) |
|
Gefahrzeichen "Steinschlag"
(ohne VZ-Nummer) |
|
Z 145-16
"Steinschlag"
(VzKat-Entwurf 2013) |
|
|
|
|
|
|
|
Das
ehemalige Zeichen 115 wurde also vermeintlich gestrichen, blieb
aber über den Umweg des §39 Abs. 8 StVO als „Gefahrzeichen mit
Sinnbild“ weiterhin anordnungsfähig (nur ohne Nummer) und
erhielt im VzKat-Entwurf 2013 eine nunmehr neue Nummer (145-16).
Es handelte sich also letztendlich nicht um eine Streichung von
Verkehrszeichen, sondern um eine Ausgliederung in den VzKat,
ohne explizite Abbildung des Zeichens in der StVO. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Kapitel 3: seltsame Parallelwelten
Offenbar hat die Fehlinterpretation des
fragwürdigen StVO-Baukastenprinzips dazu geführt, dass die
Schilderbranche zwischenzeitlich eigene Zusatzzeichen mit den
Gefahrzeichen-Sinnbildern nach StVO erstellt hat. Während einige
dieser Zeichen durchaus "passend" erscheinen, sieht man bei
anderen Varianten deutlich, wohin die Sinnbilder eigentlich
gehören, nämlich in ein Gefahrzeichen. Bleiben wir also bei
unserem Beispiel Steinschlag: |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
falsche Interpretation bzw. Umsetzung der neuen Vorgaben. Hier wurde
unnötig umgerüstet. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
ehem. Z 115
Steinschlag (gestrichen) |
|
Sinnbild "Steinschlag"
nach §39 Abs. 8 StVO |
|
"leeres Zusatzzeichen" |
|
Warnung vor Steinschlag
(nicht amtlich) |
|
|
|
|
|
|
|
Die
Lichtung des Schilderwaldes hatte also in diesem Fall zur Folge,
dass man ein Dreieck mit integriertem Sinnbild (ehem. Zeichen
115) demontiert, um es durch ein Gefahrzeichen (Zeichen 101)
nebst Zusatzzeichen (in dieser Version nicht amtlich) zu
ersetzen. Aus einem Schild werden also zwei. |
|
|
|
|
|
|
Entsprechende Lösungen gab es natürlich auch mit anderen
Sinnbildern: |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Nichtamtliche Varianten von Zusatzzeichen mit Sinnbildern, die
eigentlich für die Verwendung in Gefahrzeichen vorgesehen
sind (§39 Abs. 8 StVO) |
|
|
|
|
|
Diese Zeichen waren von
amtlicher Seite nie vorgesehen, sondern sind das
Ergebnis der Unklarheiten, die durch die
Schilderwaldnovelle 2009 nebst ausgebliebener Anpassung
des VzKat entstanden sind. Würde man Beschilderungen
nach diesen Kriterien umsetzen, ergäben sich folgende
Kombinationen: |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
ehem. Z 115 |
ehem. Z 116 |
ehem. Z 128 |
ehem. Z 129 |
ehem. Z 134 |
ehem. Z 144 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Hierdurch wird eigentlich mehr als deutlich, auf welchen Abwegen
sich unser Straßenverkehrswesen inzwischen befindet - vor allem
wenn die einst geplante Lichtung des Schilderwaldes letztendlich
zu solchen Ergebnissen führt. Dieser Unfug erreicht seinen
vorläufigen Höhepunkt in der Tatsache, dass die gezeigten
(nichtamtlichen) Varianten (Zeichen 101+ZZ anstelle von Sinnbild
im Dreieck) inzwischen Bestandteil der amtlichen Prüfungsfragen
im Fahrschulwesen sind. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Kapitel 4: neue Nummer für alte Zeichen / Teil 2
Im vorerst letzten Kapitel dieser Geschichte kann
man nunmehr verkünden, dass die einst gestrichenen Gefahrzeichen
künftig unter der Hauptnummer 101 geführt werden. Die bisher
geplante Einteilung unter der Hauptnummer 145 (Entwurf VzKat
2013) ist damit obsolet, genau wie das Zeichen 145
(Kraftomnibus) selbst, denn es wurde gestrichen. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
bis 2009 (2013) |
|
ab 2009 (2013) |
|
Zwischenstand |
|
ab 2017 |
|
|
ehem. Z 115 Steinschlag
(gestrichen) |
|
Gefahrzeichen "Steinschlag"
(Baukasten ohne VZ-Nummer) |
|
neues Z 145-16
(VzKat-Entwurf 2013) |
|
neues Z 101-15
(VzKat-2017) |
|
|
|
|
|
|
|
Das ehemalige Zeichen 115-10
(Steinschlag von rechts) ist jetzt also Zeichen 101-15
(Steinschlag, Aufstellung rechts). Das Ergebnis dieser
mehrjährigen Änderungsprozedur ist also lediglich, dass man sich
bei bewährten und weiterhin anordnungsfähigen Verkehrszeichen
unnötigerweise neue Nummern merken muss: |
|
|
|
|
|
|
alte Gefahrzeichen mit neuen Nummern: |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
101-51
ehem. 113
|
101-15/-25
ehem.
115 |
101-52
ehem.
116 |
101-55
ehem. 128 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
101-53
ehem. 129 |
101-11/-21
ehem. 134 |
101-12/-22
ehem. 140 |
101-10/-20
ehem. 144 |
|
|
|
|
|
|
|
neu eingeführte Gefahrzeichen: |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
101-13/-23
Reiter |
101-14/-24
Amphibienwanderung |
101-54
unzureichendes Lichtraumprofil |
|
|
|
|
|
|
|
|
Tatsächlich gestrichene Gefahrzeichen: |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
ehem. 145
(keine Übergangsfrist) |
ehem. 150
gültig bis 31.Oktober 2022 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Fazit:
Dass man den
Schilderwald nicht lichten kann, indem man vermeintlich unnötige
Gefahrzeichen streicht, sollte klar sein. Der grundsätzliche
Denkansatz hinter dieser fragwürdigen Verfahrensweise ist
allerdings richtig: Die Stärkung der Eigenverantwortung des
Verkehrsteilnehmers bedarf der Reduzierung dieser Gefahrzeichen
an Stellen, an denen ohnehin erhöhte Aufmerksamkeit geboten ist:
Auf
Brücken kann es im Winter glatt sein (ehem. Z 113), im Gebirge
ist mit Steinschlag zu rechnen (ehem. Z 115), im ländlichen Raum
ist Viehtrieb nebst der dazugehörigen "Spuren" üblich (ehem. Z
140) und in Hafengebieten sind Ufer anzutreffen (ehem. Z 129).
Letztendlich ist auch das ehemalige Zeichen 134, jetzt 101-11
(Fußgängerüberweg) entbehrlich, denn dort, wo auf Grund der
besonderen Umstände (schlechte Sichtbeziehungen usw.) vor dem
FGÜ gewarnt werden muss, darf dieser sowieso nicht angeordnet
werden - aber das ist wie üblich graue Theorie.
Entsprechend gibt es für alle der vermeintlich gestrichenen
Gefahrzeichen in der Praxis Anwendungsfälle, die Frage ist
lediglich, ob der Einsatz der Verkehrszeichen stets erforderlich
ist. Die notwendige Abwägung soll dank der neuen Vorgaben aus
StVO und VwV-StVO restriktiver erfolgen (nur bei besonderem
Bedarf), allerdings ist eine solche Bewertung im Grunde schon
immer notwendig. Somit ist auch dieser Teil der Änderungen nicht
wirklich neu.
Es
bleibt folglich die Streichung der Zeichen 145 und 150 als
einziges greifbares Ergebnis. Die anderen - vermeintlich
gestrichenen - Gefahrzeichen bleiben erhalten und haben jetzt
unnötigerweise neue Nummern. Zusätzlich dazu wurden drei neue
Gefahrzeichen eingeführt. Verkehrspolitik ist manchmal
sonderbar. |
|
|
|
|
|