Neu ab Oktober 2024: Zeichen 230 "Ladebereich"

 
     
 

Mit der 57. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (BGBl. 2024 I Nr. 299 vom 10.10.2024) wurde das neue Verkehrszeichen 230 "Ladebereich" eingeführt. Abweichend von verschiedenen Entwürfen aus den vergangenen 20 Jahren enthält es weder einen stilisierten Paketboten, noch den Begriff Ladezone. Stattdessen wird die Aufschrift "Ladebereich" verwendet:

 
     
 

 

 

 

Zeichen 230
(BGBl. 2024 I Nr. 299)

ursprünglich geplant
(BR-Drs. 518/23)

Variante mit Sinnbild
(BASt Heft V151, 2007)

 

 
     
 

Die ursprünglich geplante Beschränkung auf gewerbliche Liefertätigkeiten wurde nicht in die StVO aufgenommen. Stattdessen dürfen durch Zeichen 230 ausgewiesene Ladebereiche von allen Verkehrsteilnehmern zum Be- und Entladen von Fahrzeugen genutzt werden. Dies muss ohne Verzögerung erfolgen. Durch Schilder mit integrierten weißen Pfeilen nach dem Vorbild des Z 229 (Taxenstand) werden Anfang und Ende des Ladebereichs gekennzeichnet (vgl. Anlage 2 lfd.Nr. 15.1 StVO).

 
     
 

Der Unterschied zwischen Ladezone und Ladebereich
In Meldungen wie "Der Fahrer wurde in einer Tempo-30-Zone geblitzt" oder "Das Fahrzeug wurde ordnungswidrig in einer Halteverbotszone abgestellt" ist zwar von "Zone" die Rede, gemeint sind aber oftmals streckenbezogene Beschränkungen (Zeichen 274, 283 und 286) und keine "echten" Zonen (Zeichen 274.1 und 290.1). Vor diesem Hintergrund wurde die ursprünglich auf den Weg gebrachte Beschilderung mit der umgangssprachlichen Bezeichnung "Ladezone" in "Ladebereich" geändert. Die amtliche Begründung lautet wie folgt:

 
     
 

BR-Drs. 321/24 (Beschluss)
Die in der Verordnung enthaltene Bezeichnung „Ladezone“ für das neue Verkehrszeichen ist ungünstig, weil im Katalog der Verkehrszeichen (VzKat) bereits das gleichlautende Zusatzzeichen 1012-30 (Ladezone) mit einem völlig anderen Regelungsgehalt vorhanden ist. Zudem bewirkt das neue Zeichen 230 eine streckenbezogene Anordnung und keine Zonen-Anordnung, weswegen die Bezeichnung „Zone“ nicht zur Anordnung passt.

 
     
 

Die weitere Begründung, das bereits vorhandene Zeichen 1012-30 (Ladezone) habe einen völlig anderen Regelungsinhalt, ist allerdings fragwürdig. Das Zusatzzeichen wurde im Zuge der Neufassung des VzKat zusammen mit vielen anderen Zusatzzeichen im Rahmen der Länderbeteiligung in den Katalog aufgenommen. Zur damaligen Zeit wurden bereits streckenbezogene "Ladebereiche" mit dem Zusatzzeichen "Ladezone" zu Zeichen 283 oder 286 ausgewiesen, teilweise auch in Kombination mit Zeichen 314 oder 315. Jedenfalls war es nicht Intention, das Zusatzzeichen zur Ausweisung von Ladezonen nach dem Vorbild des Zeichen 290.1 ("echte Zone") anzuordnen. Insofern hätte das Zusatzzeichen 1012-30 weiterhin dieselbe Funktion, nur mit einer anderen Aufschrift. Der Rest ist Verkehrspolitik.

 
     
 

Wozu ein neues Verkehrszeichen?
Mit der Einführung des Zeichen 230 soll insbesondere dem unzulässigen Parken in zweiter Reihe durch Lieferfahrzeuge begegnet werden. In der amtlichen Begründung wird zudem ausgeführt, dass sich die bereits bestehenden unterschiedlichen Möglichkeiten zur Ausweisung von "Ladezonen" in der Praxis nicht in vollem Umfang bewährt haben:

 
     
 

BR-Drs. 518/31
Begründung zu Buchstabe a
Das neue Zeichen 230 soll dem Bedürfnis nach einer rechtssicheren Ausweisung von gesonderten Parkflächen für Be- und Entladevorgänge (gewerblicher und privater Art) Rechnung tragen. Dies führt nicht nur zu vermehrtem Parksuchverkehr, sondern insbesondere auch zur Behinderung des übrigen Fahrverkehrs durch das Halten und Parken in zweiter Reihe, welches sich erheblich auf den Verkehrsfluss und die Verkehrssicherheit auswirkt. Durch gesonderte Parkflächen für Be- und Entladevorgänge kann diesen Problemen entgegengewirkt werden [...]. Dabei ist das Be- oder Entladen ohne Verzögerung durchzuführen.

Die derzeit bestehenden unterschiedlichen Möglichkeiten zur Ausweisung von Ladezonen haben sich in der Praxis nicht in vollem Umfang bewährt, obwohl auch das Zeichen 1012-30 zur Verfügung steht. Gerade durch eine auffällige und eindeutige Kennzeichnung von Ladebereichen, die deren Funktion durch Beschilderung und gegebenenfalls zusätzlicher Markierung unmissverständlich darstellt, kann auch die Akzeptanz der Ladebereiche deutlich erhöht werden. Daher ist die Schaffung eines einheitlichen Zeichens zur Vorhaltung entsprechender Parkflächen für Ladevorgänge erforderlich. Durch die Regelung wird den Straßenverkehrsbehörden ein rechtssicheres Instrument zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig ist sie im Interesse eines übersichtlichen Straßenverkehrs, da sich die Verkehrsteilnehmer nicht mehr mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Zeichenkombinationen konfrontiert sehen.


Bisherige Lösung durch
Zeichen 286 und 1012-30

 
     
 

Abzuwarten bleibt, ob die nunmehr erzielte Klarstellung durch ein einheitliches Verkehrszeichen nicht durch den umfassenden (meist kommunalpolitisch geprägten) Regelungsbedarf der Städte und Gemeinden konterkariert wird, indem durch die zusätzliche Anordnung verschiedenster Zusatzzeichen zu Zeichen 230, die geliebten aber unzulässigen "Schilderbäume" entstehen. Viele Beschilderungen im ruhenden Verkehr entsprechen - überspitzt ausgedrückt - dem Prinzip "An ungeraden Tagen außer Sonn- und Feiertagen bei Vollmond mit Parkschein außer für Bewohner mit Parkausweis jedoch nicht am 29. Februar" und natürlich ist auch das Zeichen 230 nicht vor derartigem Unfug gefeit.

Zwar steht die Aufnahme des Zeichen 230 in die VwV-StVO gegenwärtig noch aus, allerdings wird es wohl bei einer zeitlichen Beschränkung bleiben, wie sie fälschlicherweise im VO-Entwurf unter Nr. 3 der Anlage 2 lfd. Nr. 15.1 enthalten war (vgl. BR-Drs. 518/31). So kann das Zeichen 230 z.B. auf Grund der abschließenden Aufzählung im § 13 Abs. 2 StVO nicht mit einer Parkscheibenpflicht ergänzt werden, auch wenn ein solcher Regelungsbedarf möglicherweise hier und da besteht.

 
     
 

Unterschied zum Zeichen 286
Im Gegensatz zum Zeichen 286 erlaubt das neue Zeichen 230 das Halten und Parken nur zum Zweck des Be- und Entladens von Fahrzeugen. Das Zeichen 286 regelt dagegen selbst mit dem Zusatzzeichen "Ladezone" in den ersten drei Minuten gar nichts, daher konnten Fahrzeuge in solchen "Ladezonen" ohne besonderen Grund bis zu drei Minuten halten. Zudem ist bei Zeichen 286 neben dem Be- oder Entladen auch das Ein- oder Aussteigen erlaubt. In diesem Zusammenhang gewährt die Rechtsprechung auch bestimmte Nebentätigkeiten, z.B. die Begleitung von hilfsbedürftigen Personen, jedoch ohne vermeidbaren Zeitverzug. Das können - je nach Rechtsauffassung und Einzelfall - durchaus fünf bis zehn Minuten sein. Wie die unscharfe Formulierung zu Zeichen 230 "Das Be- und Entladen muss ohne Verzögerung durchgeführt werden" künftig ausgelegt wird, bleibt abzuwarten - zumal ihr aus Sicht des Autors die Einschränkung "vermeidbare Verzögerung" fehlt.

 
     
     
 

Verschiedene Gestaltungsvarianten - Update vom 29.10.2024
In der ersten Fassung dieses Beitrages hat der Autor darauf hingewiesen, dass die Schilderwerke eine grafisch verbesserte Variante ausliefern würden, welche in Mittelschrift gemäß DIN 1451 Teil 2 ausgeführt sei. Das Wort "Ladebereich" wäre dabei nicht wie im BGBl. 2024 I Nr. 299 nur aus Großbuchstaben zusammengesetzt gewesen und auch der Zeilenabstand hätte entsprechende Anpassungen erfahren:

 
     
 

 

 

 

Zeichen 230
(BGBl. 2024 I Nr. 299)

ursprüngliche Ausführung
nach Werkzeichnung der GVZ

 

 
     
 

Auf entsprechende Nachfrage erfolgte am 29.10.2024 seitens der GVZ die Information, dass es doch bei der im Bundesgesetzblatt abgebildeten Variante bleibt. Damit wird der Begriff "Ladebereich" aus Großbuchstaben zusammengesetzt, wobei die Engschrift nach DIN 1451 Teil 2 zum Einsatz kommt. Das betrifft auch die Varianten mit integrierten Pfeilen. Eine Aufnahme der abgebildeten Zeichen 230 in den VzKat steht bislang aus.

 
     
 
Z 230-21
(Anfang)
Z 230-31
(Mitte)
Z 230-11
(Ende)
Z 230
 
Z 230-10
(Anfang)
Z 230-30
(Mitte)
Z 230-20
(Ende)
Aufstellung linke Fahrbahnseite z.B. in Einbahnstraßen  

Aufstellung rechte Fahrbahnseite (Regelfall)

 
     
 

Der gewählte Zeilenabstand von lediglich 1E entspricht natürlich nicht der DIN 1451 Teil 2, zumal diese Art der Gestaltung auch allgemeinen Grundzügen der Typographie zuwiderläuft. Dies gilt auch für das optische Gleichgewicht des getrennten Schriftzuges, da der obere Teil "LADE-" zwar mittig im Schild platziert ist, was aber auf Grund des Bindestrichs nicht so wirkt. Auch der Abstand zum unteren Rand fällt deutlich kleiner aus als der Abstand an der Schildoberkante. Im Vergleich zum Zeichen 229 (Taxi) wirkt das Zeichen 230 wie eine billige Nachahmung aus dem Baumarkt. Aber gut: Verkehrszeichen sollen nicht schön sein, sondern funktionell.

 
     
     
 

Zusatzzeichen Ladezone / während des Ladevorgangs
Während der deutsche Schilderwald im Jahr 2009 durch die Streichung verschiedener Verkehrszeichen gelichtet werden sollte (StVO-Schilderwaldnovelle vom damaligen Verkehrsminister Tiefensee), ist rückblickend das Gegenteil eingetreten: Seit 2009 wurde eine Vielzahl an sinnvollen und weniger sinnvollen Verkehrszeichen neu eingeführt. Dies betrifft auch die Zusatzzeichen "Ladezone" (VzKat 2017) und "während des Ladevorgangs" (VkBl. Nr. 15/2022).

 
     
 

 

 

 

Überflüssig: Z 1012-30

Falsch: Z 1053-54

 

 
     
 

Das Zeichen 1012-30 wurde zur Ausweisung von "Ladebereichen" eingeführt und sollte hierzu mit Zeichen 286 kombiniert werden. Wie oben beschrieben wurde es in der Praxis bereits auf verschiedene Weise angewandt. Mit der Einführung des neuen Zeichen 230 ist das Zusatzzeichen 1012-30 im Grunde überflüssig.

 
     
 

Gänzlich falsch ist die Anordnung des Zusatzzeichens 1053-54 "während des Ladevorgangs" zur Ausweisung von Ladebereichen. Mit diesem Zusatzzeichen  ist ausschließlich der - bislang nicht rechtssicher definierte - elektrische Ladevorgang gemeint, aber nicht der "Ladevorgang" im Sinne einer Liefertätigkeit. Mit dem Schild soll der fehlgeleiteten Ausrichtung des Elektromobilitätsgesetzes (EmoG) begegnet werden. Das EmoG ermöglicht Parkbevorrechtigungen für elektrisch betriebene Fahrzeuge und damit eine Reservierung von Stellflächen (insbesondere an Ladesäulen), stellt diesbezüglich aber bislang nicht auf die gleichzeitige Notwendigkeit des elektrischen Ladens ab.

 
     
 

Der Unterschied zwischen Laden und Laden
In diesem Zusammenhang bleibt abzuwarten, wann das erste Zeichen 230 zur Kennzeichnung von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge zweckentfremdet wird (Einsendungen authentischer Fotos sind jederzeit willkommen). Spannend ist zudem die Frage, ob künftig auch Ladebereiche (zum Be- oder Entladen) eingerichtet werden, die gleichzeitig über eine Ladesäule zum Aufladen der elektrisch betriebenen Lieferfahrzeuge verfügen und wie dann die Beschilderung aussieht.

Eins ist jedenfalls sicher: Deutschlands Schilderwald wächst unaufhörlich weiter.

 
     
 

 

 
 
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